Können Regenwürmer ertrinken?
Wir machen einen Spaziergang im Regen. Dabei fallen uns eine Menge Regenwürmer auf, die bei nassem Frühlingswetter gern an die Oberfläche kommen. Habt ihr euch nicht auch schon oft gefragt, warum tote Regenwürmer in den Pfützen liegen? Ob sie wohl ertrinken?
Und je länger ich mich nach Antworten suchend mit diesem regen Tier beschäftige, erkenne ich, dass ich es bisher maßlos unterschätzt habe. Der Regenwurm lebt im Stillen, gibt nicht viel über sich preis und verhält sich alles andere als primitiv.
Man darf nicht vergessen, dass seine Vorfahren zu den ältesten Bewohnern der Erde gehörten und schon vor 500 Millionen Jahren aus dem Urmeer an Land krochen. Von wegen Weichei: Dieser Strich in der Landschaft hat alle Klimaveränderungen und Massensterben der Evolution überstanden!
Und er hat einen verdammt wichtigen Job: Regenwürmer sind für die Bodenbildung auf der Erde zuständig. Sie lockern den Boden, schichten um, bringen Sauerstoff und Feuchtigkeit hinein und verdauen Pflanzenreste zu wertvollem Dünger.
Auf einen Quadratmeter Boden rechnet man im Schnitt 100 Regenwürmer. „Die Länge des Tunnelsystems von Regenwürmern im naturnahen Ackerboden kann pro Quadratmeter etwa 450 Meter lang werden“ lese ich mit offenem Mund im Regenwurm-Manifest des WWF. Dazu können sie das 60-Fache (!) ihres eigenen Körpergewichts stemmen – und gehören damit zu den stärksten Tieren der Welt, im Verhältnis zu ihrer Körpergröße gesehen.
Es gäbe noch mehr Erstaunliches über sie zu berichten, aber ich beschränke mich heute auf die drei drängendsten Fragen.
Überlebt ein Regenwurm, wenn man ihn durchschneidet?
Er hört nichts, sagt nichts und sieht nichts. Aber er fühlt, und das außerordentlich sensibel! Mit den Nervensträngen unter seiner Haut kann er sehr fein wahrnehmen, was über und unter ihm los ist. Sein Körper besteht aus bis zu 160 ringförmigen Segmenten. Darin befinden sich in mehrfacher Ausführung die Organe – deshalb kann er kleine bis mittelschwere Verletzungen überleben und auch ganze Segmentabschnitte regenerieren. Das kann ihm nach Attacken von Fressfeinden manchmal das Leben retten. Durchschneiden darf man ihn aber trotzdem niemals, denn auch wenn er nicht sofort sterben würde, infiziert sich die Wunde und das endet dann tödlich.
Warum kommen Regenwürmer bei Regen aus der Erde?
Das ist wissenschaftlich tatsächlich noch nicht eindeutig geklärt. Eine Theorie besagt Flucht, weil das Klopfen der Tropfen an das Graben des Erzfeindes Maulwurf erinnert. Theorie zwei besagt, dass die Regenwürmer die Chance des schlechten Wetters nutzen, um an die Oberfläche zu kommen – beispielsweise um neue Reviere zu erschließen oder auf Partnersuche zu gehen. Die dritte Möglichkeit wäre ebenfalls Flucht: Wenn ihre engen Gänge tagelang unter Wasser stehen, könnte der Sauerstoff knapp werden und es droht Gefahr zu ersticken. Aber da kommen wir schon zur letzten Frage.
Sind die toten Regenwürmer in der Pfütze ertrunken?
Regenwürmer können nicht ertrinken. Sie nehmen den Sauerstoff durch die Haut auf. Solange genug Sauerstoff im Wasser vorhanden ist, können sie darin leben. Die toten Würmer in der Pfütze sind vermutlich nicht durch den Faktor Wasser sondern eher durch den Faktor Sonne verendet: Die Haut der Regenwürmer ist extrem empfindlich gegen Sonneneinstrahlung und Trockenheit.