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1 Bodentiere 13 Kamelhalsfliege Kl

Naturpark Ötztal – 3. bis 6. Juni 2021 – „Wald“

Das zweite Modul des Tiroler Naturführerkurses widmet sich dem Thema Wald. Die Gruppe 1 erlebt dabei im Ötztal besonders vielfältige Waldtypen. Sie reichen vom Stamser Eichenwald über den montanen Fichten-Lärchenwald in Längenfeld bis hin zum Bergsturz-Blockwald in Niederthai und dem Rot-Föhrenbestand im Sautener Forchet.

 

Unsere Unterkunft ist die Pension Granbichler. Wir sind das erste Mal hier und werden bestens verpflegt. Das „Hexenhäusl“ ist ein angenehmer Seminarraum und die Natur in der Umgebung überzeugt uns ebenfalls. Dort wollen wir auch bei künftigen Naturführerkursen bleiben! Der Besuch im Naturparkhaus ist ein fixer Bestandteil des Naturführerkurses. Thomas gibt uns einen umfassenden Überblick zum Gebiet, das wir in den nächsten Tagen erkunden werden. Die Ausstellung lädt zum Verweilen ein. 

 

       

Julia stellt uns als Auftakt die Bodentiere im Stamser Eichenwald vor. Ihr fachlicher Schwerpunkt ist die Boden-Ökologie – also das Zusammenspiel der belebten und unbelebten Welt im Boden. Unter der Streu des Eichenlaubs entdecken wir eine beeindruckende Fauna aus Regenwürmern, Schnecken, Tausendfüßern, Asseln, Spinnen, Käfer- und Fliegenlarven und Springschwänzen. Eine Kamelhalsfliege landet direkt auf unserer Bestimmungsplane. Sie wird sogleich in die Artenliste aufgenommen. Immerhin leben ihre Larven unter Baumrinde oder am Boden. Sie benötigen bis zu sechs Jahre für ihre Entwicklung!

 

             

Andreas ist der Förster, der das Projekt „Erhaltung des Naturdenkmals Stamser Eichenwald“ initiiert hat und seit bald 20 Jahren betreut. Er scheint jede der über 1.000 Stiel-Eichen beim Vornamen zu kennen und kann auch sonst sehr viel über diese schützenswerte Waldgesellschaft erzählen. Der Unterwuchs ist üppig, stellenweise dominiert der Straußenfarn. Die Vielblütige Weißwurz fällt ebenfalls auf. Ein Schwarzfleckiger Zangenbock lässt sich bereitwillig fotografieren. Seine Larven entwickeln sich in den abgestorbenen Eichen. Pilze wie der Schwefelporling sorgen dafür, dass das Totholz langsam abgebaut wird. Vielfalt und Recycling lassen sich hier hautnah erleben.

 

          

Der Wald in der Nähe unserer Unterkunft hat mächtige, alte Lärchen aufzuweisen. Selbst unser Pilzkundler Eberhard wirkt daneben schmächtig. Die alten Bäume sind üppig mit Flechten bewachsen. Diese Symbiose-Lebewesen aus Pilzen und Algen weisen auf gute Luftqualität hin und stehen symbolisch für Kooperation mit beträchtlichem Mehrwert für alle Partner. An Pilzen finden wir den Zaun-Blättling und den leuchtend orangen Rostpilz auf Frauenmantel – Trachyspora intrusa. Eine attraktive Wegwespe lenkt von den Flechten ab, auf denen sie sitzt.

 

    

Die Landschaft in Niederthai ist von einem Bergsturz geprägt, der vor ca. 9.000 Jahren die Ötztaler Ache aufgestaut hat. Dadurch ist das Längenfelder Becken entstanden. Der Stuibenfall ist ebenfalls ein bleibendes Ergebnis dieses Ereignisses. 2-3 Milliarden Kubikmeter Gestein sind damals ins Tal gedonnert und haben auf der gegenüberliegenden Seite den Tauferberg gebildet. Dieser Bergsturz-Blockwald ist reich an Moosen. Ein Eldorado für Christian, der Referent und Teilnehmer in einer Person ist. In einem Mini-Moosherbarium sind die häufigsten Arten verewigt: Runzelbruder, Etagenmoos, Haarmützenmoos, Rotstängelmoos und Torfmoos sind die fünf „Naturführer-Moose“.

 

   

Manfred ist sowohl Botaniker als auch Förster. Er sieht den Wald aus beiden Perspektiven. Als Einstieg bietet sich eine Enzianwiese an, bevor wir im Blockwald eine Bodenprobe analysieren.

 

Der Wald ist insgesamt eher artenarm. Trotzdem finden wir eine Stelle, an der die vier typischen Nadelbäume direkt nebeneinander wachsen: Fichte, Lärche, Zirbe und Wald-Kiefer trotzen dem kargen Untergrund.

 

Die kühle Luft in den Hohlräumen zwischen den Steinblöcken sorgt für ein eigenes Kleinklima. Durch den ständig kondensierenden Wasserdampf kann hier die Veilchenalge gedeihen, die sonst nur an Bächen vorkommt. Die Schwefelflechte kommt in regengeschützten Nischen vor.

 

    

Der Sonntag ist der Naturpädagogik gewidmet. Nach drei Tagen mit viel Information ist es wohltuend, spielerisch zu erleben und zu lernen. Hannes ist ein erfahrener Referent, der sich wissenschaftlich mit Biodiversität beschäftigt.

   

Davon gibt es im Sautener Forchet mehr als genug. Auch das ist ein Bergsturz-Blockwald. Hier ist es allerdings kalkiges Gestein, das vom Tschirgant-Bergsturz stammt. Die Wald-Föhre und Erika sind bestandsbildend . Dazwischen sind Schönheiten wie Maiglöckchen, Salomonsiegel oder die Vogel-Nestwurz zu finden. Sie ist eine von sechs Orchideen, die wir hier erblicken.

 

Eine Vielfalt, bunt wie ein Regenbogen
ist an uns vorbei gezogen.

Wir waren sogar mittendrin,
artenreiche Wälder – das ergibt Sinn.

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